Omnichannel beyond the Buzz

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Wie Pharmaunternehmen Omnichannel-Potenziale endlich auf die Straße bringen.

Angesichts zunehmend digital geprägter Pharmavertriebsprozesse wurde in den letzten Jahren viel in der Branche über Omnichannel als Schlüssel zur Steigerung des HCP-Engagements diskutiert. Aus unserer Sicht gelingt es jedoch nur wenigen Unternehmen, die Strategien erfolgreich umzusetzen. Wir werfen einen Blick auf die wichtigsten Herausforderungen und wie diese überwunden werden können.

Die Pharmaindustrie hat ein Omnichannel-Problem: Während in den letzten Jahren immer mehr Unternehmen als Reaktion auf das veränderte Informationsverhalten von HCPs – nicht zuletzt infolge der Corona-Pandemie – Omnichannel-Frameworks implementiert haben, bleiben die Ergebnisse oft weit hinter den Erwartungen zurück. Statt der erhofften Verbesserungen sehen sich viele Unternehmen mit einer erhöhten Komplexität und neuen Herausforderungen bei der Datenqualität, internen Prozessen und ihrer MarTech Infrastruktur konfrontiert.

Fehlende Verankerung in der Organisation

Die Gründe für das Scheitern von Omnichannel-Strategien können vielfältig sein: Zunächst ist der Ansatz grundsätzlich nicht für alle Arten von Organisationen gleichermaßen geeignet, sondern abhängig von der Größe, der Kundenstruktur sowie dem digitalen Reifegrad des Unternehmens bzw. seiner Marketing- und Vertriebsorganisation. Selbst wenn ein Omnichannel-Ansatz grundsätzlich zum Unternehmen passt, führt nach unserer Erfahrung die mangelnde Verankerung in der Organisation häufig zum Scheitern solcher Initiativen. So werden häufig entsprechende Frameworks implementiert, ohne die zugrunde liegenden Rahmenbedingungen ausreichend zu berücksichtigen. Die Folge: Schnittstellen und Kommunikationswege fehlen, Kampagnen entstehen losgelöst von bestehenden Prozessen und können so in der Praxis keine echte Wirkung entfalten.

5 Gründe, warum Omnichannel-Strategien scheitern und wie sie sich überwinden lassen:

Um diese Schwierigkeiten bei der Implementierung eines Omnichannel-Frameworks zu überwinden, haben wir fünf typische Herausforderungen aus unserer Beratungspraxis identifiziert und mögliche Lösungswege aufgezeigt:

1. Lokale Umsetzung des globalen Omnichannel-Frameworks

Eine der größten Herausforderungen bei der Omnichannel-Transformation besteht darin, ein globales Omnichannel-Framework mit regionalen oder lokalen Anforderungen in Einklang zu bringen. Zum einen behindern regulatorische Spezifika in den einzelnen Ländern oft die Bemühungen, Effizienzgewinne durch die Wiederverwendung globaler Omnichannel-Blueprints zu erzielen. Zum anderen führt die Ablösung funktionierender lokaler Vertriebsprozesse häufig zu Akzeptanzproblemen bei den lokal verantwortlichen Market Leads und Sales Reps.

Um eine erfolgreiche Balance zwischen Standardisierung und lokaler Anpassung in Engagement-Plänen zu erreichen, ist es entscheidend, Vertriebsmitarbeitende in den Regionen aktiv in die Planungs- und Umsetzungsphase einzubeziehen. Folgende Maßnahmen haben sich unserer Ansicht nach bewährt:

  • Beteiligung & Co-Creation: Die frühe Einbindung lokaler Teams, z. B. im Rahmen eines Co-Creation-Ansatzes ermöglicht es, lokale Compliance-Vorgaben direkt zu berücksichtigen und den globalen Content-Hub konsistent und nutzbringend anzuwenden.
  • Multi-Market-Landscape Assessment: Gezielte Analysen fördern ein tiefes Verständnis für die Anforderungen und Herausforderungen lokaler Märkte. Dabei sollten insbesondere die Abteilungen Medical, Legal und Compliance befragt werden, um sicherzustellen, dass die lokalen Gesetze und Regularien bei der Umsetzung der Omnichannel-Strategie berücksichtigt werden.
  • Lokales Change-Management: Die Einführung eines robusten Change-Management-Programms stellt sicher, dass alle Beteiligten nicht nur den Mehrwert erkennen, sondern auch die notwendigen Anpassungen nachhaltig verinnerlichen. Ein solches Programm hilft, Erfolgsfaktoren zu identifizieren, Mitarbeitende zu befähigen und lokale Kampagnen effektiv zu gestalten.

2. Data Management & Data Governance

Für den Erfolg einer Omnichannel-Kampagne ist ein präzises und leistungsfähiges Datenmanagement entscheidend. Bevor eine umfassende Omnichannel-Strategie umgesetzt wird, müssen Pharmaunternehmen sicherstellen, dass ihre Prozesse und Systeme im kommerziellen Umfeld (insbesondere das CRM-System) über eine solide Datenstruktur sowie eine einwandfreie Data Governance verfügen. Das umfasst insbesondere folgende Aspekte:

  • Definition der Single Source of Truth (SSoT): Um bei mehreren Datenquellen widersprüchliche Daten korrekt handhaben zu können, muss festgelegt werden, welche Quelle als maßgeblich gilt und nach welchen Kriterien Daten priorisiert werden.
  • Datenrichtlinien und -standards: Um eine konsistente Datenqualität in allen Systemen zu gewährleisten, müssen klare Richtlinien und Standards für den Umgang mit Daten, einschließlich Zugriff, Sicherheit, Aufbewahrung und Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, definiert werden. Ein zentrales Element dieser Richtlinien sind Validation Rules, die das Format für die Eingabe einzelner Datenfelder festlegen.
  • Datenfluss: Ein gut definierter Datenfluss, beispielsweise über ETL-Prozesse (Extract, Transform, Load), stellt sicher, dass Daten effizient und zuverlässig durch die Systeme gelangen und allen Nutzern die richtigen Informationen zur Verfügung stehen.
  • Datenintegration und -analyse: Um einheitliche Analysen und Berichte zu ermöglichen, bedarf es einer nahtlosen Integration der Daten aus verschiedenen Quellen, wie Data Lakes, Data Warehouses sowie über APIs bereitgestellte Daten. Eine klare Strategie für Datenintegration und -analyse hilft, Silos aufzubrechen und das volle Potenzial der verfügbaren Daten auszuschöpfen.

3. MLR-Approval als Bottleneck

Engpässe im MLR-Approval können dazu führen, dass sich die Termine für die Inbetriebnahme von Kanälen verschieben, digitale Inhalte nicht bereitstehen und die HCP-Journey nicht vollständig abgebildet werden kann. Gleichzeitig stellt die Erweiterung der (digitalen) Formate und Kanäle im Rahmen des Omnichannel-Ansatzes die am Review-Prozess beteiligten Bereiche vor neue Herausforderungen. Fehlendes Wissen über die Mechanismen digitaler Kanäle sowie fehlende Kapazitäten können den Review-Prozess nachhaltig verzögern. Um zu verhindern, dass das MLR-Approval zum Engpass für das Omnichannel-Marketing wird, sollten Unternehmen auf verschiedenen Ebenen ansetzen. Folgende Vorgehensweisen haben sich unserer Ansicht nach bewährt:

  • Frühzeitige Planung und Ressourcenmanagement: Die frühzeitige Einbindung der am MLR-Prozess beteiligten Abteilungen in die Planung und Priorisierung neuer Projekte trägt dazu bei, ausreichende Kapazitäten in diesen Teams bereitzustellen und spätere Engpässe zu vermeiden. Eine regelmäßige Analyse auftretender Engpässe hilft zudem, strukturelle Probleme frühzeitig zu erkennen und Lösungen zu entwickeln.
  • Automatisierung und Standardisierung: Der Einsatz digitaler Werkzeuge kann den MLR-Prozess beschleunigen und die Transparenz in der teamübergreifenden Zusammenarbeit erhöhen. Dazu gehören sowohl (KI-basierte) Softwarelösungen zur Automatisierung von Routineprüfungen und -aufgaben im Reviewprozess als auch Workflow-Management-Plattformen, auf denen der Status jedes Dokuments und die Zuständigkeiten erfasst werden. Eine zentrale Datenbank – sowohl für die zu verwendenden Digital „Assets“ als auch für die genehmigten Inhalte – kann den Prozess beschleunigen, indem sie die Wiederverwendung erleichtert.
  • Schulungen, Rollenklärung und Feedback-Kultur: Regelmäßige Schulungen zur Einhaltung der Compliance-Richtlinien und die Klärung von Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb des MLR-Prozesses helfen, Missverständnisse zu vermeiden und die Qualität der eingereichten Materialien zu verbessern. Regel-Meetings und Feedbackschleifen erleichtern die Abstimmung und die Identifikation von Verbesserungspotenzialen.

4. Organizational Change-Management

Die Einführung einer Omnichannel-Strategie hat weitreichende Auswirkungen auf Prozesse, Rollen und Arbeitsweisen weit über den Marketingbereich hinaus. Werden diese Veränderungen nicht professionell begleitet und die Mitarbeitenden in den betroffenen Ländern oder Abteilungen nicht ausreichend befähigt, führt dies zu einer geringen Akzeptanz innerhalb der Organisation und einer nicht immer professionellen Umsetzung der Omnichannel-Kampagnen. Ein systematisches Organizational Change-Management ist daher entscheidend, um eine reibungslose Einführung und Akzeptanz der Omnichannel-Strategie innerhalb des Unternehmens zu gewährleisten. Neben einer umfassenden Change-Kommunikation und rollenspezifischen Schulungsangeboten haben sich dabei folgende Maßnahmen als besonders wirkungsvoll herausgestellt:

  • Anreize und Erfolgsmessung: Ein Anreizsystem, das Mitarbeitende für die erfolgreiche Implementierung und Nutzung der Omnichannel-Strategie belohnt, sowie das Teilen interner Best Practices wirkt sich positiv auf die Akzeptanz aus. Klare (und faire) KPIs zur Messung der User Acceptance helfen, den Fortschritt zu überwachen und Change-Management-Maßnahmen bei Bedarf anzupassen.
  • Change Agents und Support-Teams: Die Etablierung von Change Agents bzw. Omnichannel-Champions, die als Ansprechpartner für Fragen und Herausforderungen sowie als Botschafter der Omnichannel-Strategie fungieren, können helfen, die Akzeptanz in ihren Teams zu fördern. Daneben sollten den Mitarbeitenden die nötigen Ressourcen und Ansprechpartner in Form von Support Teams zur Verfügung stehen, um Herausforderungen beim Übergang zur Omnichannel-Strategie zu bewältigen.
  • Pilotprojekte und schrittweise Einführung: Ein schrittweiser Rollout der Omnichannel-Strategie in Form von Pilotprojekten in einzelnen Teams oder Regionen ermöglicht es, den Erfolg von Maßnahmen zu testen, mögliche Hürden frühzeitig zu erkennen und Verbesserungen vorzunehmen, bevor die Strategie unternehmensweit ausgerollt wird.

 

5. Kampagnen-Performance messbar machen

Aufgrund der schieren Menge an Daten, der Inkonsistenz der Metriken, fehlender Benchmarks und Lücken in der Datenverfügbarkeit fällt es vielen Unternehmen schwer, die Performance von Omnichannel-Kampagnen über verschiedene Regionen und Märkte hinweg verlässlich zu bewerten. Mögliche Folgen: eine falsche Erwartungshaltung bei Stakeholdern und Management hinsichtlich der Kampagnenwirksamkeit sowie eine erschwerte Steuerung, Optimierung und Weiterentwicklung von Kampagnen. Um blinde Flecken in der Leistungsmessung zu überwinden, müssen Pharmaunternehmen ein tragfähiges Set an KPIs und Metriken aufbauen, das Omnichannel-Kampagnen umfassend abbildet. Dazu gehören sowohl kanalspezifische als auch kanalübergreifende KPIs und Metriken. Zudem gilt es Maßnahmen und Instrumente aufzusetzen, die eine kontinuierliche Erfolgsmessung unterstützen. Folgende Maßnahmen haben sich aus unserer Erfahrung als besonders geeignet erwiesen:

  • Zentrale Integration von Datenquellen: Customer Data Plattformen helfen, Kundendaten aus verschiedenen Datenquellen zu integrieren und ermöglichen eine gezielte Analyse von Kundeninteraktionen im Sinne einer 360°-Sicht.
  • Regelmäßige Kundenfeedback-Schleifen: Regelmäßiges Kundenfeedback über Net Promoter Score (NPS)-Analysen, Voice of Customer Befragungen oder Social Listening und Sentiment-Analysen ermöglicht es, die Wahrnehmung der Omnichannel-Kampagne zu messen und auf potenzielle Probleme oder Chancen zu reagieren.
  • Dashboards und Echtzeit-Reporting: Tracker, die den Kampagnenerfolg automatisiert in Echtzeit überwachen und Alerts versenden, sowie interaktive Dashboards, die wichtige KPIs auf einen Blick anzeigen, ermöglichen es, schnell auf Veränderungen zu reagieren und Kampagnen laufend zu optimieren.
  • A/B-Tests und Experimente: Regelmäßige A/B-Tests für verschiedene Kanäle und Kampagnenelemente und multivariate Tests zur Auswirkung unterschiedlicher Kombinationen von Kanälen und Botschaften liefern wertvolle Erkenntnisse für Content-Entwicklung und Kampagnendesign.
  • Erfassen von Langzeit-Kennzahlen: Langzeit-Kennzahlen wie der Customer Lifetime Value oder die Customer Retention Rate helfen dabei, die langfristigen Auswirkungen der Omnichannel-Strategie zu bewerten.

Omnichannel – weder Selbstläufer noch Allheilmittel

Die oben genannten Maßnahmen können dazu beitragen, typische Fallstricke einer Omnichannel-Transformation zu überwinden. Darüber hinaus erfordert die erfolgreiche Einführung einer Omnichannel-Strategie im Unternehmen jedoch eine aktive und bewusste Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich Omnichannel in den verschiedenen Bereichen der Organisation auswirkt, welche Voraussetzungen notwendig sind, um es erfolgreich zu betreiben - bis hin zu der Frage, ob ein globales Omnichannel-Framework für eine Organisation überhaupt sinnvoll ist oder ob einzelne Bereiche mit konventionellen Vertriebsmodellen besser fahren. Wichtig ist dabei das Verständnis, dass Omnichannel weder ein Allheilmittel noch ein Selbstläufer oder ein Tool ist, das einfach auf bestehende Prozesse und Strukturen aufgesetzt werden kann.

Machen Sie Ihre Organisation Omnichannel-ready

Richtig umgesetzt, kann Omnichannel-Marketing in den dafür geeigneten Organisationen ein sehr wirkungsvoller Ansatz sein, um das Engagement der HCPs zu erhöhen, indem die richtigen Informationen zur richtigen Zeit an den Empfänger gelangen und gleichzeitig die Compliance-Anforderungen erfüllt werden. Dazu müssen jedoch die richtigen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen auf organisatorischer, prozessualer und personeller Ebene geschaffen werden. Hier wurde in der Vergangenheit ein zu starker Fokus auf die technischen Aspekte der Omnichannel-Implementierung gelegt und darüber die Verankerung in der Organisation vernachlässigt. Um das zu ändern, bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes, der die gesamte Organisation in den Blick nimmt und Zeit, um die Strukturen und vor allem die Menschen auf die Omnichannel-Strategie einzustellen.

Unternehmen, die auf eine Omnichannel-Strategie setzen, sollten deshalb besser früher als später damit beginnen, ihre Organisation entsprechend auszurichten. msg industry advisors unterstützen Sie auf diesem Weg. Unsere Experten verfügen über eine breit gefächerte und langjährige Industrieexpertise in Marketing und Vertrieb und stehen Ihnen auf dem gesamten Weg der Integration Ihrer Omnichannel- und Change-Management-Strategie zur Seite.

Autor

msg Robert Gassmayr

Robert Gassmayr

Manager Commercial Excellence | Tech & Marketing

msg Nicolas Rusch

Nicolas Rusch

Senior Consultant Commercial Excellence | Data & Processes

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